Was tun bei Verdacht auf sexuellen Missbrauch?

Was tun, wenn man den Verdacht hat, dass ein Kind oder Jugendlicher sexualisierte Gewalt erlebt hat? Gibt es überhaupt eindeutige Anzeichen für sexualisierte Gewalt?

Sexualisierte Gewalt – mögliche Signale von Kindern und Jugendlichen

Es gibt keine eindeutigen, klaren Anzeichen für sexualisierte Gewalt! Erste Auffälligkeiten können stark veränderte Verhaltensweisen sein. Manchmal macht den Kindern und Jugendlichen der Sport ohne erkennbaren Grund keinen Spaß mehr. Sie kommen nur noch unregelmäßig oder gar nicht mehr zum Training. Manche Kinder und Jugendliche zeigen Anzeichen von Verwirrung und Hilflosigkeit, aber auch Aggressionen, Sprachlosigkeit und Angst können die Folge sein.
All diese Anzeichen können aber auch auf andere Probleme im Umfeld der Jungen und Mädchen hinweisen. Deshalb sollte man immer überprüfen, welche Gründe es für ein verändertes Verhalten geben könnte und sich Rat von Expert/-innen einholen.

Was tun im Verdachtsfall?

  • Nehmen Sie Hinweise auf Kindeswohlgefährdungen ernst.
  • Handeln Sie nicht überstürzt und lassen Sie keine Gerüchte entstehen!
  • Schützen Sie die/den potentielle/-n Betroffene/-n und wahren dessen Persönlichkeitsrechte!
  • Konfrontieren Sie verdächtige Personen nicht mit dem Verdacht, da die Gefahr besteht, dass er/sie die Betroffenen unter Druck setzt.
  • Wenden Sie sich an die Beauftragte oder den Beauftragten für Kinderschutz oder eine andere Person des Vertrauens im Verein und sprechen Sie über den Verdacht.
  • Signalisieren Sie der/-m Betroffenen, dass Sie als Erwachsene/-r ansprechbar sind und als Vertrauensperson zur Verfügung stehen.
  • Nehmen Sie Kontakt zu einer Fachberatungsstelle auf und holen Rat ein!

Schnelle Hilfe oder Kontakt zu Fachberatungsstellen finden Sie hier.

Täterstrategien
Strategien von Täterinnen und Tätern

Sexueller Missbrauch wird von den Täterinnen und Tätern zumeist gezielt und strategisch vorbereitet. Dabei wird die emotionale Abhängigkeit der Kinder und Jugendlichen ausgenutzt. Täterinnen und Täter versuchen zielgerichtet, mit möglichen Opfern in Kontakt zu kommen und testen, wie weit sie gehen können. Sie versuchen i.d.R., ihre Umwelt zu täuschen, ihr Opfer zu überlisten und für sich einzunehmen, z.B. durch:

  • Geschenke (Geld, Sportkleidung, Eintrittskarten)
  • besondere emotionale Zuwendung (viel Zeit mit Einzelnen verbringen)
  • Vorzugsbehandlung (z.B. bei der Teamaufstellung)
  • eine nicht dem Alter der Jugendlichen angepasste Behandlung (Dinge erlauben, die Eltern oder Regeln des Vereins nicht erlauben)

Wir dürfen besonders engagierte Personen auf keinen Fall unter Generalverdacht stellen. Dennoch müssen wir wissen, dass es sich bei potentiellen Täterinnen und Tätern oft um Menschen handelt, die sich gut in die Interessen und Bedürfnisse von Kindern und Jugendlichen einfühlen können. Gleichzeitig sind sie darauf bedacht, gute Beziehungen zu anderen Vereinsmitgliedern oder den Eltern der Kinder aufzubauen und diese an sich zu binden. Das macht es für Personen aus dem Umfeld schwer, Hinweisen auf Grenzverletzungen Glauben zu schenken und nachzugehen.

Grenzüberschreitungen

Sport ist für Kinder und Jugendliche ein bedeutsamer außerschulischer Lernort. Er ermöglicht Begegnung, stiftet Gemeinschaft und führt zu sozialen Beziehungen von Menschen. Sport erzeugt Emotionen und ist Ausdruck von Lebensfreude. Das schließt auf vielfältige Weise die Körperlichkeit und den Körperkontakt von Menschen ein. Akteure kommen sich körperlich nahe im Freudentaumel eines sportlichen Erfolges oder in der tröstenden Umarmung nach einer bitteren Niederlage. Im Training oder im Übungsbetrieb einer Sportart ist der Körperkontakt zwischen Trainern und Athleten in vielen Fällen sogar zwingende Notwendigkeit, um durch Hilfestellungen beispielsweise die körperliche Unversehrtheit bei riskanten Turnübungen zu gewährleisten. Das alles gehört zum Sport, macht einen Teil seiner Attraktivität aus und soll auch so bleiben.

Es kann aber Grenzüberschreitungen geben, die sich auf eine leicht verständliche Formel bringen lassen: Notwendige Berührungen erlaubt, gezieltes „Grabschen“ untersagt. Grenzüberschreitungen können auch ohne Körperkontakt begangen werden oder sich in einer massiven Form der sexuellen Gewalt äußern:

Grenzüberschreitungen ohne Körperkontakt

  • exhibitionistische Handlungen
  • sich nackt oder fast nackt filmen lassen zu müssen
  • gemeinsames Anschauen von Pornos
  • „Glotzen“ des/r Trainer/in in der Dusche oder beim Umziehen (Gemeinsames Umkleiden und Duschen sollte unbedingt vermieden werden, soweit Situation und Aufsichtspflicht dies zulassen.)
  • abwertende, anzügliche Kommentierungen des Körpers bei Mädchen und Jungen
  • sexistische Witze und Sticheleien

Grenzüberschreitungen mit Körperkontakt

  • „Grabschen“: gezielte und bewusste Berührungen bei Hilfestellungen zwischen den Beinen, am Po, am Busen, etc.
  • als Pflege oder Massage getarnte sexuelle Übergriffe

Massive Formen sexueller Gewalt

  • Berührungen der Genitalien
  • Zwang zu sexuellen Handlungen
  • sexuelle Nötigung
  • orale, vaginale und anale Vergewaltigung